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«Our Letters» in German

Unsere Briefe

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✒ Author
📖 Pages10
⏰ Reading time 20 minutes
💡 Originally published1888
🌏 Original language French
📌 Type Stories

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Unsere Briefe: read the book

Nach acht Stunden Eisenbahnfahrt schlafen die einen ausgezeichnet, die anderen können gar nicht schlafen. Ich für mein Teil gehöre zu den letzteren, die in der Nacht darauf keinen Schlaf finden können.
Ich war gegen fünf Uhr bei meinen Freunden Muret d'Artus angekommen, um auf ihrer Besitzung Abelle drei Wochen zuzubringen.
Das Wohnhaus ist ein hübsches Gebäude. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hatte es einer ihrer Ahnen gebaut, seitdem war es in der Familie geblieben. So besaß es das Anheimelnde einer Wohnung, die immer von denselben Leuten bewohnt, möbliert und belebt gewesen ist. Nichts wird dort geändert. Immer spürt man das Wehen desselben Geistes in den Zimmern; sie werden nie ausgeräumt, die Tapeten nie abgerissen, die so abgenutzt sind und verblichen an den alten Mauern. Man trennt sich von keinem der alten Möbel, höchstens werden sie einmal umgestellt, um Platz zu schaffen für ein neues Stück, das dann aussieht wie ein neugeborenes Kind unter älteren Geschwistern.
Das Haus liegt auf einem Hügel mitten in einem Park, der sich bis zum Flusse herabzieht, über den sich ein steinerner Brückenbogen spannt. Jenseits des Baches erstrecken sich Wiesen, und dort werden schleppfüßige, dicke Kühe, die das saftige Gras fressen und in deren feuchtem Auge die Frische der Weide zu glänzen scheint. Ich liebe dieses Haus wie etwas, das man sehnlichst gern besitzen möchte. Alle Jahre im Herbst kehre ich dort ein und freue mich jedesmal unglaublich. Wenn ich fort muß, bin ich sehr traurig.
Nachdem ich mit meinen Freunden, von denen ich wie ein Verwandter aufgenommen wurde, gegessen hatte, fragte ich meinen alten Freund Paul Muret:
– Was für ein Zimmer hast Du mir denn dieses Jahr gegeben?
– Das Zimmer von Tante Röschen.
Eine Stunde später führte mich Frau Muret d'Artus, von ihren drei Kindern, zwei große Mädchen und einer Range von Jungen gefolgt, zum Zimmer von Tante Röschen. Ich hatte dort noch nie gewohnt.
Als ich allein war, betrachtete ich die Wände und Möbel, die ganze Physiognomie des Raumes, um damit vertraut zu werden. Ich kannte ihn schon, war ein paarmal hineingegangen und hatte mit gleichgültigen Blicken dort ein Pastellbild von Tante Röschen gesehen, das dem Zimmer seinen Namen gab.
Mit ihren Haarwickeln sah diese alte Tante Röschen, deren Bild hinter dem Glase gedunkelt war, für mich ziemlich nichtssagend aus, wie eine jener braven Frauen, die nach Prinzipien und Regeln leben und die ebenso stark sind in Moralsprüchen wie in Küchenrezepten. Sie machte den Eindruck jener alten Tanten, die alle Heiterkeit verscheuchen und in den Provinzfamilien die mürrischen, alten Hausgeister sind.
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