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«Regret» in German

Reue

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📖 Pages10
⏰ Reading time 20 minutes
💡 Originally published1883
🌏 Original language French
📌 Type Stories

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Herr Saval, der in der Gegend von Mantes »Vater Saval« genannt wird, ist eben aufgestanden. Es regnet; es ist ein trauriger Herbsttag. Die Blätter fallen, rieseln langsam herab, wie ein Regen im Regen nur langsamer und stärker. Herr Saval ist nicht heiter gestimmt. Er läuft zwischen Kamin und Fenster auf und ab. Das Leben hat düstere Tage. Nun wird es für ihn nur noch düstere Tage haben, denn er ist zweiundsechzig Jahre. Er lebt allein als alter Junggeselle und hat niemanden um sich. Wie traurig, so ganz allein, ohne eine liebe Hand zu sterben. Oft denkt er an sein leeres ödes Dasein, er erinnert sich vergangener Zeiten, seiner Kindheit, des Elternhauses, dann der Schule, der Ferien, der Studentenzeit in Paris, endlich der Krankheit seines Vaters, seines Todes. Nun ist er wieder zu seiner Mutter gezogen, um bei ihr zu wohnen. Still und wunschlos haben der junge Mann und die alte Frau bei einander gelebt. Sie ist auch gestorben. Ach, ist das Leben traurig!
Er ist allein geblieben, und nun wird auch er dahingehen. Er wird verschwinden, es ist aus. Von Herrn Paul Saval ist dann nichts mehr auf der Erde. Wie furchtbar! Andere Menschen werden leben, sich lieben, lachen, ja, sie werden lustig sein, und er ist nicht mehr da. Ist es nicht seltsam, daß man bei dieser ewigen Gewißheit des Todes überhaupt nach lachen, sich unterhalten kann und fröhlich sein? Wenn der Tod nur eine Wahrscheinlichkeit wäre, dann gäbe es noch zu hoffen. Aber nein, er ist unausbleiblich, so sicher wie der Tag der Nacht folgt.
Wenn sein Leben noch einen Inhalt gehabt hätte, Wenn er etwas gethan, wenn er Abenteuer erlebt hätte, irgend eine große Freude, Erfolg, allerlei Befriedigungen hier und da. Aber nichts von alledem! Er hatte nichts gethan, nie etwas Anderes als aufstehen, zur selben Stunde täglich essen und wieder zu Bett gehen. Und so war er zweiundsechzig Jahre alt geworden. Er hatte sich sogar nicht einmal verheiratet wie die anderen Männer. Warum? Ja, warum hatte er sich nicht verheiratet? Er hätte es gekonnt, denn er war vermögend. Hatte ihm die Gelegenheit gefehlt? Vielleicht. Aber man zwingt die Gelegenheit. Er war indolent, daran lag es. Die Indolenz war das große Unglück seines Lebens, sein Fehler, sein Laster sogar. Wieviele verfehlen dadurch ihr Leben! Gewissen Menschen wird es so schwer aufzustehen, sich zu bewegen, Schritte zu unternehmen, zu sprechen, sich in die Dinge zu vertiefen.
Er war nicht einmal geliebt worden! Keine Frau hatte ihm hingebend das Haupt au die Brust gelehnt. Er ahnte nicht die süßen Nöte der Erwartung, nicht das göttliche Gefühl eines Händedrucks, nicht den Taumel des Sieges!
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