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«The Unknown» in German

Die Unbekannte

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✒ Author
📖 Pages11
⏰ Reading time 30 minutes
💡 Originally published1885
🌏 Original language French
📌 Type Stories

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Die Unbekannte: read the book

Man sprach von absonderlichem Glück, das einer entwickelt, und jeder wußte etwas zu berichten von wundersamen, reizenden Begegnungen, auf der Eisenbahn, im Hotel, auf Reisen, an der See. Das Seebad, behauptete Roger des Annettes, sei außerordentlich günstig für die Liebe.
Gontran schwieg. Man bat ihn um seine Ansicht:
– Ich glaube, Paris ist ein noch günstigerer Boden. Eine Frau ist wie eine Nippsache, wir schätzen sie dort am meisten, wo wir sie nicht zu finden hoffen dürfen. Aber sogenannte »feine Coups« macht man doch nur in Paris.
Er schwieg einige Sekunden. Dann begann er von neuem:
– Ach, es ist zu nett, so an 'nem Frühlingsmorgen in Paris durch die Straßen zu bummeln. Die kleinen Mädchen, die längs der Häuser hin trippeln, sehen aus wie aufgeblühte Blumen. Ach, 's ist zu nett, zu nett! Überall Veilchenduft auf den Trottoirs, Veilchen auf den kleinen Wagen, die die Verkäuferinnen langsam durch die Straßen ziehen.
Die ganze Stadt ist lustig und heiter und man guckt allen Mädchen unter den Hut. Gott, wie sie reizend aussehen in ihren hellen, leichten Toiletten, durch welche die Haut durchschimmert. Man bummelt herum, läßt sich die Luft um die Nase wehen, wird ganz aufgekratzt, beguckt, bespäht Alles! Ach, so 'n Morgen ist zu köstlich!
Schon von weitem ahnt man, ob uns eine gefallen wird, wenn sie näher kommt. Auf hundert Schritt kann man 's schon erkennen. An der Blume auf dem Hut, an einer Kopfbewegung, an der Art wie sie geht, weiß man schon, ob sie's sein wird oder nicht. Sie kommt und man weiß es gleich bestimmt: die ist's. Und dann läuft man neben ihr her und guckt ihr unter den Hut.
Ob's ein kleines Mädchen ist, das für sein Geschäft eine Besorgung macht, oder eine junge Frau, die aus der Kirche kommt oder zu ihrem Liebhaber geht, ist alles gleich. Der Busen ist rund unter dem durchscheinenden Kleide. Ach, wenn man mal die Finger drauf legen dürfte oder die Lippen. Sie schaut schüchtern oder keck darein, ist braun oder blond, ganz einerlei. Wenn sie einem naht, läuft einem ein Schauer über den Leib. Und den ganzen Tag über denkt man an sie. O, ich erinnere mich mindestens zwanzig solcher Wesen, die ich einmal oder zehnmal auf diese Art gesehen habe und in die ich mich wahrscheinlich sterblich verliebt hätte, wenn ich sie näher hätte kennen lernen. Aber leider lernt man die, in die man sich sicher wahnsinnig verlieben würde, nicht kennen. Haben Sie das schon mal beobachtet? Es ist zu sonderbar. Ab und zu sieht man mal eine Frau, deren bloßer Anblick einen ganz verrückt machen könnte, aber man sieht sie eben nur. Und wenn ich an all die süßen Mädel denke, denen ich mal in Paris auf der Straße begegnet bin, dann überkommt mich eine Raserei, daß ich mich am liebsten aufhängen möchte. Wo sind sie? Wer sind sie? Wo soll man sie wieder finden, sie wiedersehen? Man sagt wohl so: »Das Glück ist nahe gewesen!« Nun, ich weiß gewiß, daß ich oft nahe an der vorübergegangen bin, deren junger Leib für mich ein Magnet gewesen wäre wie der Schlangenblick für einen Vogel.
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